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Liebe Leser:innen,
das Theaterstück, für das ich vergangenes Jahr die Musik komponiert habe, wurde wiederaufgenommen. Ab 24. Oktober flutet Die Milchfrau noch einmal die Bühne des Kosmos Theaters in Wien.
Mit Schauspielerin und Sängerin Barca Baxant, Schlagzeuger Julian Pieber und Techniker Alexander Lausch habe ich die Eröffnungsnummer des Theaterstücks aufs Band gebracht. Es heißt Dein stolzes Herz und basiert auf einem rumänischen Volkslied. Im Deutschen bekannt gemacht hat es der Wienerliedsänger Kurt Girk. Das Lied atmet patriarchale Gewalt. Im Rahmen des Theaterstückes ist das durchaus wirkungsvoll. Ohne Kontext kommt es aber nicht aus, wie du gleich hören wirst.
"Vom Stahl verschont" kehrt der Protagonist des Liedes nach fünf Jahren an der Front zurück in die Heimat. Dort wohnt sie – die mit dem stolzen Herz, die er schon seit Kindheitstagen an kennt und die ihn schon damals abgewiesen hat. Schon damals erhebt er Besitzansprüche auf sie, empfindet “heiße Lieb” und “tiefen Hass”.
Wir werden Zeuge, wie sich das Drama gleichzeitig im Privaten und im Politischen vollzieht. Denn im Krieg lernt der Soldat: Um den Sieg davon zu tragen, muss er seine Umwelt beherrschen, den Stärkeren gehorchen und die Schwächeren zu Boden drücken.
Nun sollst du sehen, dass ich zur Lieb dich zwing.
Ich bin in der Rolle des Soldaten, wenn ich diese Zeilen im Theaterstück singe. Und es läuft mir dabei kalt den Buckel hinunter. Generation um Generation wird durch den Fleischwolf der Gewalt gedreht: Das Vereinnahmen und Vereinnahmt werden, das Erniedrigen und die Erniedrigung, das Verletzen und die Verletztheit, aus der immer neue Gewalt entsteht.
Ich will einen Stein ins Getriebe dieser Mühle werfen. Niemals will ich diesen perfiden Lauf der Dinge als Normalität akzeptieren. Niemals will ich eine Waffe tragen. Niemals will ich jemanden mutwillig verletzen. Niemals will ich, dass meine Kinder verletzt werden oder einem anderen wehtun. Ich vertraue niemandem, der mir erklärt, wir besäßen die Erde, oder könnten Macht ausüben über die Menschen, die sie bewohnen, oder hätten das Recht, ihren Geist zu bezwingen.
Eine neue Welt zu denken, verlangt uns viel Vorstellungskraft und Häme ab. Aber es gibt Orte, die uns zeigen, dass wir nicht allein sind in unseren Gedanken. Orte, an denen Vorstellungen gemeinsam gedeihen und über uns hinauswachsen können. Einer dieser Orte ist das Kosmos Theater in Wien. Komm zur Milchfrau, und wenn du Lust hast, reden wir danach an der Bar über eine bessere Welt.